Oh Charles – in welches Wespennest hast Du denn da schon wieder gestochen? Nach meinem letzten Blogeintrag wurde ich überschüttet mit Kommentaren und Anmerkungen zu Sprachnachrichten. Es scheint der Eindruck entstanden zu sein, ich wäre auf diese Beiträge nicht gut zu sprechen. Reumütig beginne ich meinen neuen Beitrag mit einem Glaubensbekenntnis:

Ja, ich bin mir der Nützlichkeit der Sprachnachricht bewusst.

Ja, die Effizienz einer Sprachnachricht ist die Bugwelle des heranbrausenden Digitalisierungstsunamis.

Und ja, ohne die Produktivitätssteigerung aufgrund des massiven Einsatzes von Sprachnachrichten wird es keine Vier-Tage-Woche geben!

Keine Sorge, wummsiger wird es heute nicht mehr… Könnte man meinen. Doch es waren auch sehr nützliche Hinweise vor allem zur Erstellung von Sprachnachrichten enthalten. Zum Beispiel gibt es eine App mit der sich störende Nebengeräusche, die sich gelegentlich während der Aufzeichnung – etwa an einsamen Örtchen (plätschern und plumpsen) – herausgeschnitten werden können. Nun hat es sich aber doch ausgewummst.

Ich will auch die evolutionären Eigenschaften der gesprochenen Nachrichten nicht verschweigen. Noch vor nicht allzu langer Zeit mussten Botschaften aus Platz- und Kostengründen in einer verkürzten, entstellenden Art versendet werden: „hdlubbMadSm“ („Hab dich lieb und bring bitte Milch aus dem Supermarkt mit“) Wohingegen die moderne Version dem Sender die nötige Zeit gibt, um seine Gedanken ausführlich zu formulieren.

Einleitend mit einem verheißungsvollen „ich wollte mich nur mal melden“ gibt die moderne Kommunikationsform genügend literarischen Raum und vor allem kostbare Zeit, so dass hier unvermeidlicherweise von der fünften Dimension gesprochen werden sollte. Wo geht die sprachliche Reise hin? Eher ein prägnanter Kurztrip: „Punkt, Komma, Strich – fertig ist die kurze Sprachnachricht“ Oder entwickelt sich die Nachricht wie ein Spinnennetz, in dem sich der Erzähler genüsslich verheddert: „ach was ich schon immer sagen wollte…“ Oder gar eine Art Erzählstrudel, der den Abhörer hineinzieht in die alltägliche Gedankenwelt des Sprechers. Ein hörbares Wimmelbild.

Nicht zu vergessen das rhetorische Feuerwerk, das bei den allermeisten Sprachnachrichten veranstaltet wird. Vor allem das gerne verwendete Stilmittel der Wiederholung. Viele Passagen werden mehrfach vorgetragen. Der voreilige Eindruck, dass manchmal selbst der Erzähler nicht mehr weiß, was er schon alles vorgetragen hat, kann als unsinnig abgetan werden. Schlussendlich geht auch dieses Medium mit der Zeit. Beeinflusst von Streamingplattformen werden Sprachnachrichten auch in Staffelform erstellt und versendet. Mehrteilige Botschaften aneinandergereiht und mit einem Cliffhanger – getarnt als Funkloch – versehen.

Ein herzliches Dankeschön geht an all diejenigen, die am Ende nochmal kurz zusammenfassen: „ich wollte mich eh nur kurz melden. Wir treffen uns in 10 Minuten dann im Café.“ Ich will mich jedoch bessern und zukünftig positiv denken. Den gedanklichen Kurzschluss „der/die steht wahrscheinlich im Stau“ oder die willkommene Unaufmerksamkeitsausrede „dem/der ist wohl langweilig“ verdränge ich durch ein weltverbesserndes „wahrscheinlich wartet er/sie gerade an der E-Ladestation und mein Zuhören ist ein passiver Beitrag zum Klimaschutz“. Insgeheim kann ich es kaum erwarten, bis Chatgpt auch Sprachnachrichten beantworten kann. Die österreichische Version ist bereits verfügbar und das Ergebnis ist beachtlich. Jede Sprachnachricht wird mit „ja eh“ beantwortet.

Und nun zu den 28 Gründen… Ach geh… „ich will Dich/Euch nicht länger aufhalten“!

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Beitragsbild von Pexels. Danke an Jess Bailey Designs