Wie unlängst beschrieben werden häufig Entscheidungen in Bruchteilen von Sekunden getroffen. Bisweilen sogar nahezu ohne Einbeziehung des Bewusstseins. Eine Verkettung von mehreren, unreflektierten Handlungen kann zu verheerenden Auswirkungen führen.

Es geschah an einem äußerst frühen Morgen vor ein paar Wochen. So zeitig, dass ich mich mangels Aktivierung der erforderlichen Hirnpartien und entgegen meiner Gewohnheit dazu „entschied“ die ersten Schritte nach Verlassen des Betts ohne meine obligatorische Sehhilfe zu wagen. Nicht im Vollbesitz meiner Sinne tappte ich ins Bad.

Dort angekommen und nach der allmorgendlichen Entleerung meiner körpereigenen Neige begab ich mich zum Waschbecken, um mich dem nächsten Programmpunkt zu widmen: der Zahnhygiene. Auf den beherzten Griff zur Zahnbürste folgte das Auftragen der Creme.

Es dauerte lediglich wenige Sekunden bis eine außergewöhnliche Wahrnehmung meine Geschmacksnerven veranlasste ein paar dezente Warnhinweise an das Oberstübchen im Schlummermodus zu senden. Sowohl lethargisch als auch pflichtbewusst setzte ich die Schrubbbewegungen fort, obwohl sich die anfängliche Irritation zu einem beachtenswerten Störgefühl entwickelt hatte. Nun erreichte ich den hinteren Bereich meines Mundes. Dort wiederum hatte ich am Vorabend mit der Zahnseide ein blutiges Massaker angerichtet. Der vermeintliche Zusammenhang zwischen einer möglichst tiefgründigen, schmerzerfüllten Reinigungsanstrengung und dem erhofften gesundheitlichen Nutzen mag medizinisch nicht belegt sein, doch ich erhoffe mir zumindest eine Art Placeboeffekt. Wie auch immer – das Zahnfleisch hatte sich offensichtlich noch nicht wieder vollends erholt und war noch etwas überempfindlich. Auf der inoffiziellen Schmerzskala war ich mittlerweile bei „feurig“ angelangt und es schien mir ratsam kurz innezuhalten. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass ich auch das gewohnte Geschmacksvergnügen „Knutschen mit einem Pfefferminzstrauch“ vermisste.

Auf Ursachensuche griff ich noch einmal zur Tube. Ohne Brille musste ich diese bis auf wenige Zentimeter an meine Augen halten. Erst dann konnte ich den Inhalt entziffern und das Rätsel lösen. Ich hatte aus Versehen die falsche Tube geöffnet. Statt der erforderlichen Zahnpasta hatte ich mir einen Klecks von der Wärmesalbe für altersbedingte Rückenzipperlein auf die Zahnbürste geschmiert. Und eben diese folglich so gründlich im Mundraum verbreitet und einmassiert, dass Karius und Baktus nun tropische Gefühle bekamen.

Um weiteres Unheil zu vermeiden, eilte ich zum Nachtkästchen und holte meine Brille. Vor dem Spiegel war die Wirkung nicht zu übersehen. Meine Backen glühten wie ein kleiner Minireaktor kurz vor der Kernschmelze. Es schien naheliegend zur Abkühlung ein paar Eiswürfel aus dem Gefrierschrank einzuwerfen. Zurück im Badezimmer kam es nun zu einem ersten Aufeinandertreffen mit weiteren Wesen der Spezies Mensch. Deren Gesichtsausdruck in Anbetracht meiner ausgebeulten, fluoreszierenden Visage als erstaunt darzustellen wäre eine wohlgemeinte Untertreibung und mündete in dem mitfühlend formulierten Morgengruß: „Guten Morgen leuchtender Biber!“ Nach der Entsorgung des Schmelzwassers versuchte ich mich vergeblich an einer möglichst unkomischen Erzählung der Geschehnisse. Leider gelang mir das nicht. Und als meine Darbietung dann Richtung „Neue Geschäftsidee: durchblutungsfördernde Zahnpasta“ abbog, endete die Episode damit, dass ich „Erste Hilfe Lachkrampf“ googelte…

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Beitragsbild: Foto von George Becker