Natürlich war ich etwas überrascht über die Einladung in die Fernsehsendung „Markus Lanz“. Als Gast – wohlgemerkt. Na gut, die Rückmeldungen und Klickzahlen zu meinen Blogeinträge laufen sensationell und tatsächlich fiel es mir schwer das Angebot einer überregionalen deutschen Tageszeitung als Blogger abzulehnen. Doch ich will mich nicht „redaktionell“ auf bestimmte Themen festlegen lassen, sondern vertraue auf die bewährte Mischung aus Instinkt und künstlerischer Freiheit.
Aus Gründen der Bequemlichkeit und offiziell zur Einhaltung von pandemietypischen Vorgaben schlug ich der Lanz-Redaktion vor, dass ich mich gerne per Videoschalte einbinden lassen würde. Doch dies wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass diese Form der Teilnahme für Politiker mit einer gewissen Prominenz bzw. Gäste mit mindestens einem Professor-Titel vorbehalten ist.
Da ich die Sendung schon einmal vor dem TV-Gerät verfolgt hatte, wusste ich, dass vor allem die Auswahl der Socken und Schuhe sehr entscheidend ist. Bei keiner anderen Talk-Show im deutschen Fernsehen ist die Fußbekleidung so markant zu sehen. Zur Unterstreichung der Aussagekraft hinsichtlich meiner Standpunkte entschied ich mich für zwei unterschiedlich farbige Socken. Der eine war blau-gelb geringelt und der andere leuchtend grün mit einem lilafarbenen Blumenmuster. Blau-gelb als Zeichen für die Eigenverantwortlichkeit. Grün als die Farbe der Stunde und lila als Farbe von Demut und Buße. Ich dachte, damit wäre ein ausreichend repräsentatives Spektrum abgedeckt.
Bei den Schuhen wurde es schon deutlich einfacher. Irgendwo zwischen den „no brown in town“-Schlappen und dem Allerweltsturnschuh in knallweiß – gerne verwendet von TV-Granden zur Assimilation mit sportlichen Nachwuchsreportern – landete ich beim Klassiker schlechthin: Budapester in schwarz. Der Budapester wird übrigens in Ungarn Karlsbader genannt. Dies nur als Hinweis, falls einer meiner Leser mal bei Jauch auf dem Quizstuhl sitzt. Bei Jauch ist es nebenbei bemerkt schnurzpiepegal, welchen Schuh man trägt. Im Gegenteil – ich nehme an, dass eine barfüßige Teilnahme die Erfolgschancen erhöhen würde. Jauch würde dann vermutlich grinsend autobiographisch angehauchte Witzchen über Stinkefüße in studentischen Wohngemeinschaften machen und dann unbemerkt eine emotionale Bindung zum Kandidaten aufbauen, was zu kleineren Hilfestellungen durch Blinzeln oder Mundwinkelzucken führen könnte.
Zurück zum Epizentrum des investigativen Journalismus. Vor der Lanz-Sendung gab es ein kurzes Einstimmungsgespräch. Und danach war ich sehr erleichtert. Wie gesagt – ich hatte die Sendung schon mal gesehen, war mir aber nicht sicher, ob der Moderator wahrhaftig bei jedem Gespräch sowohl den Fragen- als auch den Antwortteil übernimmt. Dies wurde mir augenzwinkernd zugesichert. Meine Aufgabe sei es, den Moderator hin und wieder durch eine dusselige Antwort aus seinem Konzept zu bringen. Dadurch soll der Eindruck vermieden werden, dass das Gespräch auswendig vorgetragen wird oder gar gänzlich ohne Gäste aufgeführt werden könnte. Dazu gab es noch die Info, dass ich nicht nervös werden sollte, wenn der Gastgeber auf seinem Stuhl nach vorne in eine Art Angriffsposition rutschen würde. Das Manöver sei auch Teil der Inszenierung und dient der Veranschaulichung der Lebhaftigkeit der einseitig geführten Diskussion.
Es kam, wie es kommen musste. Der Anblick meiner Socken verwirrte den Starmoderator. Er stellte mir die bohrenden Fragen, die eigentlich für meine Nachbarin gedacht waren. Doch da er die Antworten sehr routiniert und zügig selbst gab, gelang es mir erst nach ein paar Minuten ihn durch meine Erwiderung „Ist ja interessant. Ich habe Ihr Buch gelesen.“ aus seinem an Selbsthypnose grenzenden Anflug von journalistischer Fragentollwut zu erlösen.
Das Ganze endete mit dem Urschrei „es schneit“. Nein, nicht von Herrn Lanz, sondern vom Nachwuchs aus dem Kinderzimmer. Es gibt sicherlich angenehmere Methoden aus einem so realistischen Traum geweckt zu werden. Egal – Hauptsache wach. Ein versteckter Blick gen Ende der Bettdecke sorgt für weitere Erleichterung: ich trage keine Socken. Und bei dem vermeintlichen Schnee handelt es sich um herumwirbelnde Apfelblüten.
Der Text hat Dir/Ihnen gefallen?
Teilen: Direkt im Anschluss an den Text findet Ihr die „Knöpfe“ zum Teilen des Beitrags in den verschiedenen Medien/Netzwerken. Vielen Dank!
Folgen: Im Rahmen der Kommentarfunktion kann die Benachrichtigung über neue Beiträge aktiviert werden.
Empfehlungen/Ähnliche Beiträge:
Ein grandioser Einstieg in den Tag..sehr witzig und gut geschrieben.
Hallo! Ich habe meine Website überarbeitet. Vielleicht schaust Du ja mal wieder vorbei… ;-)
Ein cooler Text … unterhaltsam und amüsant.
Hallo! Ich habe meine Website überarbeitet. Vielleicht schaust Du ja mal wieder vorbei… ;-)
Hab gesehen, dass du deine Webseite überarbeitet hast.
Schick schick!
*grinst breit*
Wie schon bei Twitter mitgeteilt – absolut erste Sahne, dein Text zum Auftritt bei Lanz.
Bis zur Auflösung absolut glaubwürdig in den Lanz-Kosmos eingetaucht und die Sonderlich- und Eigenheitemn des begnadeten Moderators, der seine Gäste ja nur als Staffage braucht, exponiert und kaum überzeichnend darstellt.
Hab mich mal in die Benachrichtigungsliste eingetragen, damit ich an der Stelle nicht s verpasse.
Wäre ja ewig schad‘ d’rum….. 😉
Bis dann
Thomas
Grandios, da ich es dir fast abgekauft hätte. So oder ähnlich muss es ja wohl auch sein, denn ich schaue mir das fast nur noch ab und zu an, um erneut festzustellen, dass das Niveau von Woche zu Woche schlechter zu werden scheint. Danke für das Lächeln, das du mir heute Morgen schon ins Gesicht gezaubert hast
Ich schaue tatsächlich nur sehr, sehr selten… Man sollte immer dran denken. Es ist eine TalkSHOW ;-)
Vielen Dank, das ist eine gut geschriebene Geschichte..ich dachte bis zum Schluss ,Wow wie kommt der Mann dahin ?Richtig gut!
So überraschend witzig und positiv Ihr Besuch bei Lanz. Hat mich besonders aufgeheitert und meinen
aufgestauten Zorn fast aufgelöst.Danke dafür.
You made my day.Herzliche Grüsse aus der Pfalz
[…] Mein Auftritt bei Lanz […]
Sehr witzig und ich habe es von Anfang an geglaubt. Und auch die Fragewelle von Lanz war sehr glaubwürdig. Ich finde den Markus ab und zu richtig unverschämt und respektlos. Danke für den tollen Lacher zum späten Abend!
Erst jetzt gelesen (Klick auf „Klassiker“), richtig gut!
Nicht übel 😂
Danke für Deinen Kommentar. Das freut mich sehr!! Und willkommen als „Folger“ ;-)