Wie gewohnt gibt es auch dieses Jahr wieder den klassischen Beitrag zum Sommerloch. Im Postkartenformat. Kurz und (nahezu) sinnlos.
A propos Irrelevanz. Wer kennt das nicht? Die Nachrichtenapp blinkt und brummt. Ein unschuldiger Blick auf das Neuste vom Neuen und schon wische ich mich durchs Handy. In freudiger Erwartung eines alltagserhellenden Statusbildes. Sehr häufig in Form von perfekt inszenierten Blumen. Das klassische Dilemma: Natur und Kunst. Künstlerisch noch wertvoller: das Verbreiten eines kulinarischen Stilllebens. Ein barocker Brotzeitteller. Üppiger geht immer: ein universumsrekordverdächtiger Burger. Oder gar der SUV unter den Speisen: das pizzatellergroße Steak. Lobend erwähnt gehört die vermittelte positive Botschaft: hier wird nicht gehungert. Nicht von irgendwo gilt St. Martin als der Schutzpatron des Internets. Denn dort wird mit Freuden geteilt.
Untertrieben betrachtet ist die Statusnachricht ein Meilenstein der Digitalisierung. Die analoge Postkarte wird durch Urlaubsgrüße per Statusbild ersetzt. Möglichst waldbrandfreie Landschaftseindrücke. Auch gerne verwendet das perspektivische Dreierlei aus Bierflasche oder Cocktailglas in Kombination mit den vermutlich eigenen, gebräunten Extremitäten vor dem leuchtenden Wickblau des Pools. Leider – haben Essensbilder scheinbar nie Pause. Unvermeidliche Impressionen vom Hotelbuffet. „Grüße vom Lago di Ketchup. Vom Monte di Tortellini. Oder schlicht vom Eisberg.“
Die gute, alte Postkarte hat aber noch mehr zu bieten. Das antiprimemäßige alljährliche Glückspiel. Kommt die Karte an? Und wenn ja, in welchem Jahr? Als Zugabe der Souvenireffekt. Noch Monate nach der Rückkehr bedankt sich die Verwandtschaft nach Erhalt der Postkarte. Und sofort glimmt der Urlaub nochmal nach. Der Chlorgeschmack des Poolwassers. Der klinische Geruch des frisch gereinigten Hotelzimmers. Also – schnell noch den Frühbucherrabatt sichern.
Mein Freund Harald und ich sind übrigens auch „im Urlaub“. Freundschaftsurlaub. Irgendwie empfand er es als unangebracht, dass der Barnaby in mir in einem Anflug obsessiver Penetranz die Authentizität seiner Statusbilder nachrecherchierte. Und tatsächlich – Trommelwirbel – Harald benutzt seit Jahren das gleiche Statusbild als Gruß aus fernen Gefilden. Nach einem flüchtigen „Geständnis“ wechselte er unverzüglich in den Angriffsmodus und verabreichte mir einen kunterbunten Sermon. In Regenbogenform. Von Bildern auf gekühlten Servern über Zertifikatehandel bis hin zur Gletscherschmelze. Mein zur Auflockerung gedachter Kommentar „Sind wir nicht alle ein bisschen Bio“ verfehlte seine erhoffte, beruhigende Wirkung. Nun denn. Wenn es zu hitzig wird, dann kann eine Abkühlung nicht schaden. Ich bin guter Dinge, dass wir in den kälteren Monaten wieder in einen freundschaftlichen „Kuschelmodus“ übergehen werden.
Charles Canary wünscht seinen Lesern einen schönen Urlaub. Viel Spaß beim Lesen – und Teilen!
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