Das heutige Thema sind Rangeleien. Doch zuerst wenden wir uns dem nationalen Liedgut zu. Und bevor die hochwohlgeschätzte Leserschaft in ein Raunen ausbricht, gebe ich direkt Entwarnung. Ich meine die Nationalhymne.

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich mich in den 80ern bei „Wetten, dass…?“ mit der Wette beworben hatte, dass ich die Nationalhymnen aller Teilnehmerländer bei der Fußballweltmeisterschaft erkennen könnte. Ohne Ton. Nur am rhythmischen Kaugummikauen der eingeblendeten Spieler.

Genug der Albernheiten. Zurück zur hiesigen Hymne. Besser gesagt zum Text. Aus Genügsamkeit beschäftigen wir uns ausschließlich mit der ersten Zeile: „Einigkeit und Recht und Freiheit.“ Wir ersparen uns die stundenlangen Abhandlungen darüber, ob der kalauernde Versprecher „…Recht auf Freizeit…“ in der vergnügungssüchtigen Gegenwart als Synonym verwendet werden könnte.

Heute geht es mir allerdings um das Wort „Einigkeit“. Ausgehend von der territorialen Einigkeit erscheint diese im Jahr 2023 in einem anderen Kontext. Sind wir uns einig? Sollen wir uns einig sein? Bei Betrachtung des öffentlichen Meinungsbildes drängt sich eher der Eindruck einer allgemeinen Uneinigkeit auf. Spaziergänge, Social Media Fehden bis hin zu Kleinstkriegen in WhatsApp-Gruppen. Anfangs wurde diese Anwendung zum Austausch von Kurznachrichten oft versehentlich als „What´s up“ bezeichnet. Passend im Sinn von „Hey, was ist los?“ Oder eben auch ein filmreifer, desperadomäßiger Einstiegssatz für eine Massenkeilerei. Und wieso gibt es eigentlich kein Emoji mit einem Messer zwischen den Zähnen?

Wir einigen uns auf den größten gemeinsamen Nenner – frei nach Churchill – „Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, abgesehen von allen anderen“. Nun gibt es hierzu verschiedene Ausgestaltungen. Nehmen wir die USA. Nach jedem Regierungswechsel steuert der neue Präsident meistens Vollgas in die Gegenrichtung des Vorgängers. Gleich dem Pendel einer monströsen Standuhr. Kurs „Zicke Zacke – Hühneka###!“ Kein Witz – im Weißen Haus werden nach einem Machtwechsel sogar die Botengänger ausgetauscht.

Hierzulande prägen Parteien und Koalitionen das Regierungshandeln. Es ist dabei so, als würden drei gute Bekannte beim gemeinsamen Wandern an jeder Kreuzung ausdiskutieren, ob sie rechts oder links gehen sollen. Bei Bedarf auch drei Tage lang. Die Entscheidungsfindung basiert auf aufwendig ausgerangelten Kompromissen. Darin sind die ursprünglichen Meinungsverschiedenheiten bis zur Unauffindbarkeit wegverhandelt worden. Die drei Wanderfreunde entscheiden sich für die Mitte. Dort wo noch kein Weg ist. Durchs Gestrüpp aus Bürokratie und Bürgerzaudern. Bei Bedarf unter Einsatz einer (bildlichen!) Machete. Die Reisegeschwindigkeit der Exekutive ist teilweise so langsam, dass es gar nicht auffällt, ob es schnurgerade oder im Zickzack voran geht.

Dann wäre da noch die Opposition. Aufgrund der originären Stellenbeschreibung ist es deren Aufgabe, die Wandersleute auf ihre Fehltritte hinzuweisen. Die Ampelkomposition aus Bergmannskapelle, grünem Punkrock und liberalem Jazzgesäusel kam immerhin auf den innovativen Gedanken das beständige Oppositionsmoll gleich zu intri… ähh… integrieren. Permanente Unzufriedenheit als willkommener Treibstoff in Zeiten der Energieknappheit. Oder der Treppenwitz der ehemaligen großkoalitionären Dauereinigkeit. Damals wurde die Ödnis der Alternativlosigkeit beklagt. Nun wissen wir, dass eine Dreierkonstellation zwar aufregend scheint, aber nicht per se als flott bezeichnet werden kann.

Das Fazit? Wie wäre es mit einer Überarbeitung der Nationalhymne? „Einigkeit und Recht und Zaudern – für das deutsche Rangel-Land.“

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Danke für das Beitragsbild an Pexels und James Wheeler