Der längste Tag des Jahres verschaffte auch unserem Kollegen Charles Canary etwas Zeit, um mal wieder von sich hören bzw. lesen zu lassen.

Ich betrete eine stinknormale Bar in Regensburg. Eine x-beliebige Lokalität. „Hübschhäßlich“ würde Pater Brown sagen. Bereits bei den ersten Schritten hinein, scanne ich die anwesenden Zielobjekte. Es ist schon was geboten. Ich suche mir einen freien Platz und beginne mit der ausführlicheren Inspektion.

Rechts – 3 Uhr – ein Tisch mit werdenden Lehrerinnen: Grundschulhäschen. Nett anzusehen, aber nix für mich. Ich habe keine Lust, den Rest meines Lebens in einem oberbayerischen Kuhdorf zu verbringen, und darauf zu warten, dass die sauerstoffreiche Voralpenluft meine feinstaubverwöhnten Lungen kollabieren lässt. Ich sehe mich schon in meinem Grab auf dem landschaftlich wunderschönen Dorffriedhof ruhen. Sektion: „Zugereister – Vereinsmitgliedschaften: nur 3 – kein Parteibuch“.

In diesem Moment betritt eine Jura-Studentin die Szene. Woran ich das erkenne? Na – an den auf Halbmast hängenden Schultern und kraftlos baumelnden Armen. So sieht jemand aus, der tagtäglich zentnerschwere Gesetzesbücher durch die Gegend wuchtet. Spätestens mit 40 verbringt sie die meiste Zeit mit Rückengymnastik und kann sich vor Schmerzen nur noch mit Hilfe eines riesigen Gummiballs bewegen. Wiederum nix für mich.

Weiter schweift mein prüfender Blick durch den Raum. Am Tresen sitzt eine flott durchgestylte BWLerin. Doch von dieser Spezies habe ich an der Uni schon genug. Wer kennt nicht folgende Szene: Ich sitze an meinem Bib-Tisch und erhole mich gerade von meinem letzten Cafetenbesuch. Da naht das freundlich lächelnde Unheil. Eine Kommilitonin der Kategorie „Zuckersüß“ kommt an meinen Tisch und fragt, ob sie mich mal kurz stören dürfe, um ihr bei der Lösung einer verzwickten Aufgabe zu helfen. Grinsend verweise ich auf meine Sprechstundenzeiten, erkläre mich dann aber doch kooperationsbereit.
Bereits beim Anblick der Angabe überkommt mich ein Gefühl des Grauens.
Nun gut – ich nehme die Herausforderung an, und aktiviere auch den Teil meiner Festplatte, der sich noch im Cafeten-Modus befindet. Ich grüble. Ich sinniere. Ich bearbeite meinen Taschenrechner. Und tatsächlich stimmt mein Rechnung. Wow! Prima! Nachdem ich ihr freudestrahlend die Lösung nahe gebracht habe, bedankt sie sich artig und huscht wieder zurück zu ihrem Platz. Der Vorgang wiederholt sich noch ca. drei Mal an diesem Tag. Aber Hilfsbereitschaft gehört zu meinen Lieblingstugenden, und nicht umsonst stehe ich auf der „Santo Subito“-Liste noch vor dem Erfinder der Klingeltöne. Das böse Erwachen kommt dann am Tag der Notenbekanntgabe. Denn wieder einmal ist sie zwei ganze Notenstufen besser als ich. Erlebnisse solcher Art lassen mich im Zweifelsfall bereits beim Anblick einer BWLerin die Flucht ergreifen. Nix für mich!

Der Abend endet so wie die 1000 Abende vorher. Ich trinke mein Bier aus und geh nach Hause. Irgendwie bin ich doch froh, dass mir keine der anwesenden Grazien gefallen hat. Denn wäre dem nicht so, dann müsste ich den nächsten Schritt wagen, und sie ansprechen. Wenn mich jedoch meine arithmetischen Fähigkeiten nicht ganz verlassen haben, dann ist beim nächsten Mal der 1001. Abend. Was mich da wohl erwartet, und warum meine Traumfrau eine Medizinstudentin sein muss, erfahrt ihr in einem der nächsten Bullaugen.