Nach einer kleinen Pause meldet sich Charles Canary zurück. Er kann es mal wieder nicht lassen und schreibt über sein Lieblingsthema!
Gleich nach der letzten Prüfung war es an der Zeit den flauschig verfilzten Prüfungs-Playoff-Bart abzurasieren. Denn als mir eine hochschwangere Frau im Bus ihren Platz anbot und ich im Schwimmbad zum Rentnertarif baden durfte, wusste ich, dass ich drauf und dran war, das moralische Gefüge unseres Sozialstaats zu unterwandern.
Ich habe die Ferien genutzt, um meine Chancen zu steigern an DEM Ereignis des nächsten Jahres teilnehmen zu können. Der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland! Wie ich das gemacht habe? Bestechung? Nein – Danke. Ganz einfach. Als Linksverteidiger! Die Konkurrenz ist überschaubar und vor allem überwindbar. Es gibt da einige junge Wilde, die sich mir vielleicht in den Weg stellen wollen. Aber die überrage ich vor allem aufgrund meiner jahrelangen Erfahrung, die ich auf dsf-würdigen Schlachtfeldern der Kreisliga erworben habe. Gefährlich kann mir eigentlich nur einer werden. Der Ehren-23. Mann der deutschen Fußballgeschichte. Christian Ziege! Der macht mir Angst. Er versteht es auf eine einzigartige Art und Weise seinen Namen immer genau dann auf den Notizblock des Nationaltrainers zu zaubern, wenn das nächste große Turnier ansteht. Aber mit etwas Glück kann ich ihn vor allem in der Rubrik „Flanken-hinters-Tor“ schlagen und dann komme ich auch an ihm vorbei. Brav werde ich mich an die Grundregel halten: „Bis zur Grundlinie durchgehen und dann in den Rücken der Abwehr flanken.“ So könnte ich meinen Traum vom Live-Dabeisein verwirklichen. Vom Spielertyp bin ich eine Mischung aus Diego Buchwald und Icke Häßler. Meine Schusstechnik erinnert an den frühen Brehme. Natürlich habe ich auch die beckham´schen evolutionären Neuerungen auf diesem Gebiet in meine Spielweise integriert. Ich trainiere Tag und Nacht. Tagsüber bewege ich mich keinen Meter ohne mit einem kleinen Ball zu dribbeln. Ich gebe ja zu, dass mancher meiner Mitmenschen mich wohl etwas schief anguckt. Über meinem Bett hängt ein provisorisches Kopfballpendel. Alle zwei Stunden klingelt der Wecker. Dann stehen 5 schulbuchmäßige Kopfbälle auf dem Trainingsprogramm. Ab und an zelebriere ich dann noch einen Uwe-Seeler-Gedächtnis-Hinterkopfball.
Und nun stürze ich mich hinein! In das letzte Semester. Das letzte studiengebührenfreie Semester. Bald müssen wir uns vom Erlebnispark Universität verabschieden. Morsche Außenterrassen, tropfsteinhöhlenartige Hörsäle und einsturzgefährdete Treppen. Dabei habe ich doch extra ein Fernstudium in Indiana-Jones-o-logie studiert. Das alles werde ich doch auch ein wenig vermissen. Wenn erst die studentische Euronen die universitären Säckel füllen, dann ist vorbei mit diesen Extra-Features.
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