Nach dem Vorbericht zum Projekt „Ironman“ erscheint nun der Rennbericht.

Wie erwartet war es ein sehr hartes Stück Arbeit.

Hallo Charles,

Nach einer ersten Phase der Erholung fühle ich mich jetzt in der Lage, meine Erlebnisse zu formulieren.

Natürlich war ich supernervös. Allein über die Vorbereitungen der letzten Tage, betreffend Ernährung und Material, könnte ich mehrere Seiten schreiben.

Die Nacht vor dem Rennen verbrachte ich in einem Zelt auf einem Parkplatz in der Nähe des Starts. Um 4.30 ging der Wecker. Nach einem powerhaltigen Müslifrühstück schnappte ich die Beutel mit der Schwimm- und Radkleidung und machte mich auf den Weg.

Dort präparierte ich dann mit ein paar Handgriffen mein Rad, so dass es einsatzbereit war. Nach der Oberarmbeschriftung ließ ich mir der den Rennbeginn der Profis nicht entgehen. Doch dann wurde es auch für mich Zeit, den Neoprenanzug anzuziehen und mich startklar zu machen. Die „künstliche“ Haut soll mich vor den kalten Temperaturen des Kanalwassers schützen. Zusätzlich gibt einem der Anzug etwas Auftrieb, so dass ich schneller schwimmen kann.

BBrrrr!! Das nasse Element war wirklich sehr kalt. Kaum im Wasser, musste ich mich beeilen und zur Startlinie schwimmen. Ein Böllerschuss – und schon ging die Post ab!

Das Startgetümmel wird oft mit einer Waschmaschine verglichen. Man muss schon aufpassen, dass man nicht einen Schlag oder Tritt abbekommt. Ich bin ein ganz passabler Schwimmer, aber aufgrund der noch bevorstehenden Strapazen, konnte die Vorgabe nur heißen, es locker anzugehen. Schon bald bekam ich Kopfschmerzen. Ich hatte wohl die Schwimmbrille zu streng am Kopf fixiert. Also schwamm ich rechts an den Uferrand, um dieses Problem zu beheben. Zur Hälfte schwamm ich kurz ein bisschen Rücken, so dass sich meine Muskulatur etwas entspannen konnte. Als ich zum Atmen den Kopf aus dem Wasser hob, konnte ich die vielen Menschen am Ufer und auf den Brücken sehen. Das war eine tolle Motivation. Nach 1 Stunde 06 Minuten erreichte ich die Wechselzone, streifte mir meine Radklamotten über und schwang mich auf meine Rennmaschine.

Auf den ersten Radkilometern leerte ich meine Flaschen mit Apfelsaft und Wasser, aß einen Energieriegel und versuchte meinen Rhythmus zu finden. Auch auf dem Rad war die Devise nicht alles zu geben, sondern möglichst gleichmäßig zu radeln, ohne in den roten Bereich zu kommen. An jedem Anstieg schaltete ich brav zurück auf die kleinen Gänge.

Alle 17,5 Kilometer gab es eine Verpflegungsstelle. Dort bekam ich volle Flaschen mit Iso oder Wasser bzw. etwas zu essen in Form von Riegeln oder Bananen. Nicht sehr abwechslungsreich, aber notwendig, um einen Hungerast zu vermeiden. An den wenigen steileren Anstiegen, standen viele Zuschauer und feuerten mich und meine Mitstreiter an.

Am Ende der ersten der beiden 90km-Runden, wartete ein echtes Schmankerl. Der Solarer Berg. Wie bei der Tour de France bildeten die Zuschauermassen ein, nur wenige Meter breites, Spalier, durch das ich den Berg hinaufradelte. Wow! Es war superlaut und ich wurde von der Begeisterung der Menge förmlich hinaufgetragen. Das war ein tolles Erlebnis. Ein wahrer Adrenalinkick!

Während der zweiten Radrunde fuhr ich wieder im Energiesparmodus. Nur keine unnötigen Kräfte verballern. Und nur nicht die Nahrungsaufnahme vergessen. Die Beine fühlten sich zwar noch ok an, aber ich wollte nix riskieren. Nach genau 6 Stunden kam ich in die zweite Wechselzone und ich war sehr erleichtert. Denn ich entkam der Defekthexe und auf den ersten Metern spürte ich, dass meine Beine noch einigermaßen frisch waren.

Leider ließ ich mich durch die unerwartete Frische dazu verleiten, meinen Motor etwas zu überdrehen. Bis zum Kilometer 10 lief es prima. Aufgeputscht durch diesen Euphorieschub, nahm ich an den ersten Verpflegungsstationen nur sehr wenig Nahrung zu mir. Dafür musste ich dann ab KM 15 teuer bezahlen. Die Gehpausen wurden immer länger und die Beine nun auch schwerer. In der Folgezeit versuchte ich das Nahrungsdefizit auszugleichen. Der Gedanke daran, dass bei KM 20 Freunde und meine Eltern auf mich warteten, war ein extra Ansporn für mich. Dort angekommen, plauschten wir ein wenig, bevor ich mich auf den weiteren Weg machte. Doch ich wusste, dass noch ein hartes Stück Arbeit vor mir lag. Meine Beine waren schwer, die Muskeln wurden immer härter und in der rechten Wade deutete sich ein erster Muskelkrampf an.

Bei KM 25 war es dann soweit. Der Tank war leer! Meine Energiereserven waren aufgebraucht! Aber noch schlimmer war, dass ich nix mehr zu mir nehmen konnte und wollte. Es blieb mir nichts anderes übrig, als zu gehen. Zu meinem Glück begleiteten mich zwei Freunde für längere Zeit. Durch die Unterhaltung wurde ich etwas abgelenkt und mein Magen erholte sich beim Gehen. Und ich war nicht der Einzige, der Probleme hatte. Viele hatten ähnliche Beschwerden. Ab und an wechselte ich das eine oder andere Wort mit einem Weggefährten.

Als ich dann wieder allein war, trank ich etwas Cola und aß salzige Kekse. Für die verbleibenden 10 Kilometer legte ich mir einen Schlachtplan zurecht. Nun war es an der Zeit zu zeigen , dass ich ein Eisenmann bin. Ich visierte bestimmte Ziele – Begrenzungspfähle, Laternen oder Ähnliches – auf der Laufstrecke an, und lief von nun an etappenweise. Nach Erreichen des jeweiligen Punktes, belohnte ich mich mit einer kurzen Gehpause. Mein Lauftempo war gar nicht so niedrig und so konnte ich sogar noch den Einen oder Anderen überholen.

Auf den letzten Kilometern pushte mich dann die Aussicht auf das baldige Ende der Tortur. So konnte ich die letzten Kräfte mobilisieren. Ulkigerweise war der letzte Kilometer der drittschnellste im Rennen.
Und dann der Einlauf ins Stadion. Einmalig! Wahnsinn! Ich hörte meine Mama rufen, doch ich war so im Rausch, dass ich einfach nur weiterlief. Ab ins Ziel!! Geschafft!! I made it! Ironman!! Was für ein Gefühl! Ich bekam eine Medaille umgehängt und verließ dann schnell den Zielbereich, um meine Eltern zu treffen.

Ach ja – meine Laufzeit: 5:28:40! Sicher keine Glanzleistung. Aber für mich völlig akzeptabel! Den Umständen entsprechend!
Gesamtzeit: 12:45:12!!

Nun bin ich platt und werde mich wohl längere Zeit einfach nur ausruhen.
Im August will ich mit ein paar Freunden in die Alpen. Zum Radeln!!

Mit freundlichen Grüßen
Mickey

Heja Mickey,

WOW!! Gratuliere! Mehr fällt mir dazu nicht ein. Danke für Deinen
Bericht!
Viel Spaß beim Erholen und Lernen!!

Bye
Charles