…nach einem Sommerloch! Was zeichnet ein Sommerloch eigentlich aus? Das Nichts. Fälschlicherweise wird darunter eine nachrichtenarme, sensationslose Saison verstanden. Tatsächliche Ursache ist allerdings nicht die Nichtexistenz von relevanten Themen, sondern die Abwesenheit der berichtenden Journalisten. Kollektives Hitzefrei in den Redaktionen. Ob feiersüchtige Ballermänner oder globetrottende Überlebenskämpferinnen – Hauptsache Urlaub vom Geschreibe! Artikel über Alligatoren im Badeweiher können auch ohne pulitzerpreismäßige Recherche von einem übermotivierten Praktikanten vollbracht werden.

Üblicherweise beginnt die Sommerlochsaison mit Berichten über Haiattacken in Urlaubsregionen. So auch dieses Jahr. Aufgebauscht durch eine Szenerie wie beim weißen Hai, folgt dann der schulische Erklärteil „Surfer sehen wie Robben aus“ und dann verwissenschaftlicht mit der statistischen Relativierung durch die eigentliche Gefahr von herabfallenden Kokosnüssen. Doch auch der daheimgebliebene Praktikant hat kräftig vom Zeitenwendennektar genascht und fügt noch den mittlerweile standardmäßigen Kommentar hinsichtlich eingeschränkter Lebensräume für die Tierwelt und der potenziellen Gefahren für das Zusammenleben von Mensch und Natur hinzu. Dazu passend folgt eine Woche später ein Artikel über Wildschweine, die im Trevibrunnen in Rom eine Beachparty inklusive All you can eat feiern.

Als Harald meinen Entwurf für diesen Text las, rollte er – mal wieder – zünftig mit den Augen. Ich wäre auch nicht besser als die werte, urlaubende Journaille und würde mir aufgrund Themenarmut irgendwelche Tierstories aus den Fingern saugen. Immerhin präsentierte er mir im Anschluss seine selbstlose Idee, um mir aus der nachrichtenarmen Patsche zu helfen. Nora und er könnten den Jakobsweg wandern und ich könnte die Eindrücke und Erlebnisse in einer Art Tagebuch humoristisch verarbeiten. Dankbar nahm ich diese Steilvorlage an und meinte allerdings, dass es dafür schon noch das gewisse Quantum Extravaganz bräuchte. Zum Beispiel Bewältigung der Reise auf dem Einrad. Oder auf einem Bein hüpfend. Oder mindestens eine parasitäre Bekanntschaft. Sorry an alle Misanthropen. Ich denke dabei eher an sowas Anhängliches wie Bettwanzen.

Daraufhin zog Harald entsetzt die Notbremse. Nach der Zeit der Kontaktaskese und Entbehrungen ist ihm nun doch nicht nach einer eigenbrötlerischen Pilgerreise. Im Gegenteil – er würde gerne wieder Leute treffen. Er sehnt sich nach tobenden Menschenmassen. Kollektives Kuscheln. Aufsaugen von Körpergerüchen. Bis hin zur Auslebung der menschlichen Urtriebe mit einem animalischen Schuss Überlebenstraining.

Ich vermute dabei, dass Harald nur wenig Hoffnung auf ein staatliches Hilfspaket zum Ausgleich des inflationären Anstiegs der Bierpreise auf dem Oktoberfest hegt. Daher bastelt er nun an einem Plan B in Form einer Unterstützungszahlung durch einen recherchierenden Blogschreiber. Nicht mit mir! Zur Erfüllung seines Aufholbedarfs an zwischenmenschlichen Grenzerfahrungen werde ich ihm zum Geburtstag ein 9-EURO-Ticket schenken. Eine Bahnfahrt sollte all seine Sehnsüchte befriedigen können. Und im Nachgang warte ich feixend auf seinen Bericht 😉

Charles Canary hätte das Sommerloch fast ausfallen lassen, denn der Folgebeitrag ist schon so gut wie fertig. Die Leser können sich schon mal anschnallen und auf einen Text einstellen, der vor Politik nur so trieft. Und schon mal eine Entwarnung vorab. Christian Lindners Hochzeit auf Sylt wird geflissentlich ignoriert. Obwohl sich hartnäckig das Gerücht hält, dass mit der Einladung auch 9-Euro-Tickets verschickt wurden, um die Anreise der Gäste zu subventionieren.

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Beitragsbild:

Foto von GEORGE DESIPRIS