Charles Canary fühlt sich nach dem bahnbrechenden Erfolg seiner Erzählungen über den studentischen Alltag ermutigt, noch etwas in seinen Memoiren zu stöbern, und weitere Details aus seinem Leben zu veröffentlichen.

Natürlich wollte ich in die Schule gehen! Wieso auch nicht? Schließlich war ich auch damals schon ein Schokoholic. Der Anblick der kindshohen Schultüte, gut gefüllt mit so allerlei Leckereien, gab mir den Rest. An den genauen Ablauf des ersten Schultags kann ich mich beim besten Willen nicht mehr entsinnen. Ich muss mich wohl, aufgrund einer klassischen Überdosis Zucker und Kakao und dem dadurch in ungeahnte Höhen geschnellten Blutzuckerspiegels, in einer Art von Dauerdelirium bewegt haben.

Der Haken kam dann am nächsten Morgen. Vor Vorfreude auf den zweiten Tag konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen. Bereits zwei Stunden vor meinen Eltern bin ich aufgestanden und polierte meinen niegelnagelneuen Schulranzen. Das himmelblaue Federmäppchen, bestückt mit einem Sortiment an Geha-Stiften und einem Pelikanfüller, wurde sorgfältig von Radiergummiresten gereinigt und dann in meiner laubfroschgrünen Amigo-Schultasche verstaut. Doch dann kam die Enttäuschung! Es gab an diesem Morgen keine Schultüte! Wie? Was soll das? Dachten die wirklich ich würde ohne dieses Zuckerl auch nur einen Tag meines jungen Lebens damit vertrödeln sinnlos herumzusitzen und stundenlang zu warten, bis ich wieder nach Hause darf. Nein! So war das nicht abgemacht! Auf was habe ich mich da eingelassen? Ich hätte die AGB besser lesen sollen.
Nun war ich gefangen. Statt einer Unmenge von Süßigkeiten gab es am zweiten Tag nur ein gesundes Brot mit Margarine und fensterbrettgezüchteten Kressekrümmeln. Dazu noch etwas Hagebuttentee.
Abgefüllt in einer Plastikflasche, aus der mir beim Öffnen ein Geruch entgegenströmte, der mich leider nur annähernd in einen ähnlichen Rauschzustand versetzen konnte wie Schokolade. Hätte ich damals schon gewusst, was Depressionen sind, ich hätte sie sicher bekommen! Viel weiß ich nicht mehr über meine Zeit auf der Grundschule. Alles etwas verschwommen. Doch an eines kann ich mich noch sehr genau erinnern: an meine erste große Liebe!! Heimat- und Sachkunde. „HS“ – für alle Fachleute. Was habe ich dieses Fach geliebt. „Woher kommt das Wasser?“, „Warum hat der Hase Ohren?“ oder „Wieso aß Napoleon im Nachbardorf einen Schweinsbraten?“. Das war ein Spaß! Ich habe nur Einser gehabt. Halt – Einmal nicht. Da habe ich beim Zeichnen einer Briefmarke die Zähne vergessen.

Wieso kann man sowas eigentlich nicht studieren? Das wäre was für mich gewesen. Nicht diese theoretische Rumrechnerei! Schluss mit dem Lamentieren! Ich stehe kurz vor dem – wie nennt man noch mal das Finisher-Shirt der Studenten? – richtig – Diplom. Zur absoluten Vollkommenheit fehlt mir nur noch ein positives Symbol. Das Alpha und Omega meiner Karriere als Lernender: eine Schultüte zum Abschluss!